Gutachten des Kommunalen Prüfungsverbandes

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Bezirkstag Mittelfranken halten die Analyse des Gutachtens des Kommunalen Prüfungsverbandes (KPV) aus Sicht der Sozialverwaltung für nicht ausreichend und beantragen für die Sozialausschusssitzung am 16.03.2011 die Behandlung und Beantwortung folgender Fragen, die teilweise schon in der Haushaltssitzung angesprochen wurden:

I. Vergleich mit den anderen Bezirken
Wenn wir in Mittelfranken mehr Geld für vergleichbare Leistungen ausgeben als die anderen Bezirke – wie erklären wir das den Umlagezahlern?

Hier hat schon der KPV nach Auffassung der Grünen seine „Hausaufgaben“ nicht gemacht. Jetzt hatte die Sozialverwaltung Mittelfranken die Gelegenheit, diese Zahlen zu analysieren und die Fragen zu beantworten – oder wenigstens den Weg aufzuzeigen, auf dem diese beantwortet werden können. Dies ist nur teilweise geschehen.

  1. Warum geben wir in Mittelfranken mehr Geld pro Einwohner für Eingliederungshilfe aus als die anderen Bezirke? Haben wir mehr behinderte Mitmenschen oder haben die einzelnen Behinderten mehr Bedarf? Woran liegt das? Das fragen uns die Umlagezahler!
  2. Geht es den Menschen mit Behinderung, die in Mittelfranken betreut werden, besser als in den anderen Bezirken und ist deswegen das mehr verbrauchte Geld gut angelegt? Wie können wir das nachweisen?
  3. Vergleichen wir Äpfel mit Birnen – dann müssen wir zum Erreichen der notwendigen Transparenz die einzelnen Systeme vergleichbar machen. Das ist mühsam, aber möglich und dringend notwendig. Wie weit ist die Sozialverwaltung mit dieser Analyse? Inwieweit ist der Verband der bayerischen Bezirke hier eingebunden? Wie können uns unsere Sachverständigen dabei helfen?

Die Grünen bekennen sich ausdrücklich zu den Menschen mit Behinderungen in Mittelfranken und wollen für sie eine gute Versorgung im Sinn der Behindertenrechtskonvention – aber dabei ist auch immer die Frage zu beantworten: Wenn es darum geht, begrenzte finanzielle Mittel zuzuteilen – wo und wie sind diese Mittel am effektivsten eingesetzt?

II. Analyse der Zahlen vor und nach Rücknahme der Delegation

  1. Die Rücknahme der Delegation führt im Prinzip erst einmal zu keiner Kostensteigerung, nur zu einer Verschiebung im Haushalt. War das auch so? Wie hoch ist der Betrag?
  2. Wenn das so ist, geben die Tabellen aus dem Gutachten aber einen falschen Eindruck und sollten angepasst werden. Es macht keinen Sinn, die gleichfalls vom Bezirk über Delegation bis 2008 gezahlten Gelder zur Eingliederungshilfe, die in einem anderen Haushaltstitel erscheinen, nicht in den Tabellen zu berücksichtigen. Die Sozialverwaltung wird gebeten, zur Verbesserung der Transparenz, die Zahlen für Mittelfranken in den 4 Tabellen in TOP I/4.1 für die Jahre 2008 so darzustellen, dass auch die unter dem Haushaltstitel Delegation gezahlten Gelder darin auftauchen.
  3. Warum ist die Zunahme an Fällen durch Rücknahme der Delegation in Mittelfranken so viel höher als in anderen Bezirken – gibt es eine Erklärung?

Zur Analyse der Sozialverwaltung im Einzelnen
1. Kosten der Eingliederungshilfe pro Einwohner

  • Auch die Falldichte ist indirekt kostenintensiv und wichtig zu untersuchen.
  • Waren die Sozialverwaltungen in den Landkreisen und kreisfreien Städten in Mittelfranken vor der Zuständigkeitsänderung (Rücknahme der Delegation) so viel großzügiger? Wo kommen die Menschen mit Behinderungen im Einzelnen her – gibt es regionale Unterschiede?
  • Gibt es Anhaltspunkte dafür, dass in Mittelfranken häufiger Anträge gestellt werden als in den anderen Bezirken oder dass Anträge häufiger genehmigt werden?
  • Ist eine Steuerung wirklich nur durch passgenaue Hilfe möglich oder auch durch andere Möglichkeiten, z.B. strengere Indikationsstellung?

2. Fallkosten in der Eingliederungshilfe

  • Nicht nur die Fallkosten sind der entscheidende Parameter bei der Beurteilung, ob der Bezirk Mittelfranken „teurer“ ist wie andere Bezirke. Entscheidend sind die Fallkosten bei den einzelnen Kennzahlen. z.B. werden die hohen Kosten bei der stationären EGH in Mittelfranken jetzt durch die überhohen und kostengünstigeren ambulanten Fälle als Fallkosten ausgedünnt. Das ist aber eine Milchmädchenrechnung. Für einzelne Kennzahlen sollte getrennt ausgewertet werden, sonst übersieht man wichtige Stellglieder.

3. Anteil der Leistungsberechtigten im stationären Wohnen bei gleichzeitigem Besuch einer Werkstatt für behinderte Menschen bzw. Förderstätte

  • Wenn die „Trägerstruktur in Mittelfranken zu einer konzentriert hohen Zahl an Heimplätzen führt“ (20 % über dem Wert der anderen Bezirke), dann führt das zu einem Belegungssog – deswegen muss hart mit den Einrichtungsträgern verhandelt werden, möglicherweise auch mit finanziellen Anreizen für die Leistungsträger bei Abbau der Heimplätze. Hierzu müssen wir klare politische Aussagen machen.
  • Wenn „die Platzzahlen der Werkstätten der Lebenshilfen in Mittelfranken im Verhältnis zu den Platzzahlen der Wohnheime der gleichen Träger eher das in Bayern übliche Verhältnis der Besucher der teilstationären Einrichtungen widerspiegeln“ – wie sind konkret diese Platzzahlen in Mittelfranken?

4. Personalschlüssel/Entgelthöhe im Bereich stationäres Wohnen für geistig/körperlich behinderte Menschen (Leistungstyp W-E-G)

  • Wenn die anderen Bezirke offensichtlich schlechtere Betreuungsstandards haben, kann man die Folgen benennen – nur noch „trocken, satt, sauber“? Kann man nachweisen, dass die Betreuung dort schlechter und in Mittelfranken besser ist?
  • Was will die Sozialverwaltung tun, um die Mitwirkung der Einrichtung bzw. des Anbieters zu verbessern, damit die Steuerungsmöglichkeiten zunehmen?

Antrag vom 10. März 2011 als PDF-Datei:
Antrag_Anfrage_SozA_zu_TOP_I_4.1_2011.03.16