Grüne Bezirksrät*innen im Gespräch mit Lilith e.V., Drogenhilfe für Frauen und Kinder

In fast 30 Jahren erfolgreich Genderaspekt in der Suchthilfe etabliert, aber finanziell und personell am Limit

Am 27. Juli 2021 statteten Lydia Bauer-Hechler, Andrea Bielmeier und Paul Brunner als Delegation der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen im Bezirkstag einen Besuch bei Lilith e. V. in der Nürnberger Südstadt ab. Lilith hat sich auf die Beratung und Begleitung von Frauen, die illegale Drogen konsumieren und deren Kinder spezialisiert. Streetwork, ein Frauencafe, Arbeitsprojekte wie der Second-Hand-Laden, Liliput – Mutter + Kind sowie Zeitraum – ambulant betreutes Einzelwohnen gehören zu den Arbeitsfeldern, die den Besucher*innen vorgestellt wurden. Mit der niedrigschwelligen Auffangstrategie sei Lilith im Bezirk etabliert und notwendig.

Beim intensiven Gesprächsaustausch waren nicht nur die Erfahrungen während der Corona-Pandemie und die aktuellen Folgen Thema, sondern vor allem ein Überblick über die Gesamtsituation. Geschäftsführerin Daniela Dahm und ihre Kollegin Silvia Kaubisch zeigten auf, dass die Arbeitsbelastung der rund 30 Mitarbeiterinnen nicht erst seit Corona an ihr Limit stößt. „Wir begleiten ca. 750 Frauen, ca. 200 Kinder und etwa 30 Schwangere jährlich,“ so Daniela Dahm. Es sei schmerzlich und absolut kontraproduktiv, wenn die Mitarbeiterinnen eine schwangere Frau, die sich in einer sensiblen Phase an sie wendet, mit einer Wartezeit vertrösten müssen.

Für die jüngst vom Bezirkstag genehmigte halbe Stelle für die Schwangerenbegleitung sei man sehr dankbar, jedoch decke diese nicht den Bedarf. In der Anfangsphase einer Beratung schwangerer Frauen seien acht bis zehn Wochenstunden keine Seltenheit. „Wir müssen die Frauen engmaschig begleiten, wenn sie sich auf die Geburt vorbereiten und vielleicht auch noch eine geeignete Wohnung suchen“ stellten Silvia Kaubisch und Daniela Dahm klar. Hier koste jeder Verzug die Mitarbeiterinnen und die Gesellschaft ein mehr an Mühe und Geld und löst möglicherweise Entwicklungsschäden bei den neugeborenen Kindern aus!

Silvia Kaubisch ergänzte, dass man sich um die Konsolidierung der bestehenden Arbeitsfelder kümmern müsse, ehe man weitere Herausforderungen annehmen könne. Lilith benötige dringend weitere Förderung für sozialpädagogische Fachkraftstellen, sowie den personellen Ausbau ihres Verwaltungsbereiches. Seit Jahren beantrage Lilith e.V. entsprechende Zuschüsse beim Bezirk Mittelfranken und der Stadt Nürnberg.

So seien minderjährige Drogenkonsumentinnen nicht Zielgruppe der Beratungsstelle, wenngleich man weder bei der Onlineberatung, noch dem Streetwork nach einem Ausweis fragen könne. Andrea Bielmeier zeigte sich in ihrer Funktion als Nürnberger Stadträtin froh darüber, dass die Zusammenarbeit mit dem ASD des Jugendamtes im Interesse der Kinder reibungslos läuft.

Lydia Bauer-Hechler stimmte mit den Berufskolleginnen von Lilith überein, dass selbst in der Fachöffentlichkeit die geschlechtsspezifischen Aspekte der Arbeit unterbewertet blieben. Der feministische Ansatz sei auch knapp 30 Jahre nach Gründung angesagt! Die Gäste erfuhren aber auch, nicht allein obdachlose und materiell unterprivilegierte Frauen wendeten sich hilfesuchend an Lilith, sondern auch berufstätige Frauen und Mütter, die unter dem vielfältigen Erwartungs- und Selbstoptimierungsdruck in eine Abhängigkeit rutschen. Mit Crystal Meth gebe es einen Stoff, der als Nebeneffekt den Appetit zügele und über längere Zeiträume eine Fassade aufrecht erhalten helfe, die aber früher oder später einstürzt.

Froh sei man, dass die Klientinnen in der Krise zunehmend digital erreicht werden konnten, was nur dank einer entsprechenden technischen Ausrüstung gelungen sei. Auf den Kosten für die Aufrüstung der internen Ausstattung blieb man allerdings sitzen. Für die rund 50.000 Euro für mehr Serverkapazität, Dienst-Mobiltelefone und ähnliches mussten Spenden akquiriert werden. Daniela Dahm: „So ein Kraftakt lässt sich nicht beliebig wiederholen!“ Von Seiten der Bündnis-Grünen wurde angeregt, auch über den bayerischen Städte- und Bezirketag für eine bessere finanzielle Ausstattung zu werben sowie das bayerische Sozial- und Digitalisierungsministerium diesbezüglich anzugehen.

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