Keine Kürzungen ohne Ausgleich: Zur Neuregelung des Fahrdienstes für Menschen mit Behinderung

Mit seinem Fahrdienst ist der Bezirk Mittelfranken ein Vorreiter bei der Teilhabe von Menschen mit Behinderung am kulturellen und gesellschaftlichen Leben. Seit längerem wird diskutiert, wie die Abrechnung dieses Fahrdienstes optimal gestaltet und sicher gemacht werden kann.

Eine Lösung schien eine Vereinheitlichung der Pauschale zu sein. Bisher konnten Berechtigte wählen zwischen Fahrtfeldern (120 x bis zu 50 km im Jahr) und einer jährlichen Kilometerpauschale (1.500 km in den Städten und 2.400 km in den Landkreisen). Ein Wegfall der Fahrtfeldvariante wäre durchaus ein gangbarer Weg. Doch wir GRÜNEN stehen auf dem Standpunkt, dass dieser Einschnitt nicht zu Lasten der sozialen Teilhabe der Betroffenen gehen darf und nur mit einem Ausgleich bei der Kilometerpauschale vertretbar ist.

Wir bedauern sehr, dass dies die Bezirksrät*innen von CSU, FDP und ÖDP nicht mittragen. Deshalb haben wir folgenden Antrag für die Sitzung des Bezirkstags am 26. Oktober gestellt:

Gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen sieht – genauso wie die von Menschen ohne Behinderung – sehr unterschiedlich und individuell aus: Einige Menschen sind sehr aktiv, andere bleiben lieber im vertrauten Umfeld.
Manche brauchen viel Unterstützung, andere weniger. Diese Unterschiede spiegeln sich auch bei der Nutzung des Behindertenfahrdienstes wider, der dazu dient den Mobilitätsnachteil, der durch die Behinderung im Vergleich zu anderen Menschen entsteht, auszugleichen.


Jede berechtigte Person sollte den Behindertenfahrdienst entsprechend ihres persönlichen Teilhabebedarfs nutzen können. Mit der jetzigen Richtlinie bietet der Bezirk einen barrierearmen Zugang zu Mobilität, der den Bedarf für den größten Teil der Nutzerinnen abdeckt. Die Pauschale bildet die Balance zwischen dem Verwaltungsaufwand, dem Bedarf der Menschen und der Verhältnismäßigkeit der Datenabfrage. Sie vereinfacht die Verwaltung und Prüfung. Die in der Richtline angedachte Umstellung auf eine Kilometerpauschale würde für die bisherigen Nutzerinnen der Fahrtfeldvariante eine sehr starke Leistungskürzung und damit eine deutliche Einschränkung ihrer gesellschaftlichen
Teilhabemöglichkeiten bedeuten. Um diesen Teilhabedürfnissen und Teilhabeansprüchen weiterhin gerecht zu werden, müssten dann mehr individuelle Anträge gestellt werden.


Das bedeutet, dass der jeweilige individuelle Bedarf festzustellen und jede einzelne Fahrt zu beurteilen ist – ein sehr großer Verwaltungsaufwand. Bei vielen anfallenden Anträgen kostet die Prüfung in der Summe wahrscheinlich mehr als eine moderate Erhöhung der Kilometerpauschale für alle Nutzerinnen. Schließlich werden nur Fahrten abgerechnet, die wirklich in Anspruch genommen wurden. Aus diesem Grund fordern wir:
• Der Wegfall der Fahrtfeldvariante muss durch eine gleichzeitige Erhöhung der Kilometerpauschale um 200km ausgeglichen werden
• Alle Nutzerinnen des Behindertenfahrdiensts müssen aktiv und barrierearm auf die Möglichkeit hingewiesen werden, wie sie bei nachweislichem Mehrbedarf Anträge auf zusätzliche Fahrdienstleistungen stellen können
• Zusätzliche Fahrten müssen zeitnah und ohne bürokratische Hürden im Geist des Prinzips des Nachteilsausgleichs genehmigt werden.

Außerdem wird die Verwaltung aufgefordert zu erläutern, mit welcher Anzahl an Mehrbedarfsanträgen sie rechnet und in welchem Zeitrahmen Anträge genehmigt werden sollen. Desweiteren soll erläutert werden, welche Vorbereitungen getroffen werden, für den Fall, dass die Anzahl der Mehrbedarfsanträge die aktuellen Schätzungen deutlich überschreitet.