Sehr geehrte Präsidenten, Kolleginnen und Kollegen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und interessierte Gäste,
Die Bezirkstage sind die Sozialparlamente Bayerns. Es ist deshalb nur folgerichtig, dass dieses Gremium auch in dieser Haushaltssitzung seinen Schwerpunkt darauf legt. Sozial zu sein heißt, Mitgefühl für die Mitmenschen zu haben, Fairness im Umgang miteinander auch bei Meinungsverschiedenheiten zu pflegen, durch gesellschaftliches Engagement Verantwortung füreinander zu übernehmen und Offenheit gegenüber Ideen und Menschen zu leben, die diese Werte teilen. Eine soziale Gesellschaft fragt nicht, wo jemand herkommt. Eine soziale Gesellschaft fragt, wo jemand steht und hin will.
Wer glaubt sich auf seiner Insel des Wohlstands abschotten zu müssen, meint, dass die Welt ein riesiges Nullsummenspiel ist, bei dem zwangsläufig jemand verlieren muss wenn jemand anderes gewinnt. Diese Menschen haben nicht nur den Glauben an den Fortschritt verloren. Sie verlieren mit dieser zynischen Sicht auch Mitgefühl, Achtung vor der Menschenwürde, Fairness und Sinn für das Ehrenamt. Damit negieren sie die Werte auf die unsere demokratische Gesellschaft zurecht stolz sein darf und igeln sich in einer engstirnigen, rückwärtsgewandten, autoritären Weltsicht ein. Wir sollten diese Menschen dennoch nicht ignorieren. Ebenso wenig sollten wir den Fehler begehen, ihnen recht zu geben, auch nicht teilweise. Es ist unsere Aufgabe durch eine klare Haltung für demokratische soziale Werte Menschen die verbittert sind und den Glauben an den Fortschritt verloren haben, wieder Zuversicht in ihr Leben und das ihrer Mitmenschen in Europa, in Deutschland, Bayern, Mittelfranken und in der Gemeinde vor Ort zu geben, statt sie den Demagogen zu überlassen. Genau hier setzt unsere Verantwortung auch in Mittelfranken an.
Wir Grünen begrüßen die interfraktionelle Initiative, die Rolle des Bezirks während der Nazizeit zu beleuchten. Wir hoffen, dass es gemeinsam mit der Stadt Erlangen gelingt, den Verbrechen des Naziregimes an den Euthanasieopfern am historischen Ort zu gedenken, und dass die historischen Gebäude der „Hupfla“ in Erlangen so weit es geht zu erhalten, für ein authentisches Erinnern am historischen Ort. Auch heute müssen wir noch erleben, dass Menschen aufgrund ihrer Behinderung, Rasse, Herkunft, Religion, Geschlecht oder sexuellen Orientierung ausgegrenzt und benachteiligt werden.
Ein weiterer wesentlicher Baustein, auch und gerade in der Demokratiebildung von jungen Menschen, stellt der Bezirksjugendring mit seinen zahlreichen Aktivitäten für mehr Inklusion, Medienkompetenz, Jugendkultur und nicht zuletzt mit DokuPäd dar. Deswegen sehen wir hier eine deutliche Aufstockung der Mittel als dringend geboten an. Die Kompetenz des Bezirksjugendrings ist unbestritten – auch deswegen wollen wir keine Parallelstrukturen zum Bezirksjugendring schaffen. Deswegen lehnen wir Grünen es ab, statt beim Bezirksjugendring in der Bezirksverwaltung eine zusätzliche Stelle für Medienfachberatung etablieren zu wollen.
Für Menschen in Krisensituationen sind Prävention, Sozialraumorientierung und vor allem niederschwellige ambulante Hilfen Eckpfeiler effektiver und moderner Sozialpolitik. Wir können uns hier mit unseren Ansätzen zur Lösung von Suchtproblematiken aus den Vorjahren erneut nur wiederholen. Die Vertreibung von Drogenabhängigen aus der Bahnhofspassage in Nürnberg hat Drogenprobleme seit 2017 nur in andere Ecken verlagert – ganz aktuell rückt das weitverzweigte Verteilergeschoss der U-Bahnhaltestelle Lorenzkirche in den Fokus. Das war vorhersehbar. Die restriktive Sicherheitspolitik gegenüber Drogenabhängigen statt Drogenkonsumräume führt nachweislich zu weniger öffentlicher Sicherheit und mehr Drogentoten. Jeder Euro, der in niederschwellige Leistungen und ambulante Hilfen investiert wird, verhindert später höhere Folgekosten – ganz zu schweigen von den dadurch vermiedenen gesellschaftlichen Problemen. Mit dem runden Tisch Sucht wurden 3 Projekte entwickelt, um die dringendsten Probleme zu entschärfen. Die ambulanten Hilfen sind ein Kernbereich der politischen Gestaltung des Bezirks. Wir Grüne können nur dann dem Haushalt zustimmen, wenn eine erhebliche Steigerung der Finanzmittel an den tatsächlichen angemeldeten Bedarf auf der Haushaltsstelle 4701 beschlossen wird. Es wäre an der Zeit, dass die Verwaltung diese Summe von vornherein in den Haushaltsentwurf einstellt.
Lassen sie uns an diesem Punkt nicht über jeden Euro feilschen. Dinge wie genügend Geld für persönliche Kleidung von Menschen in Heimen bereitzustellen sollten selbstverständlich sein. Lassen Sie uns stattdessen endlich die richtig großen Brocken angehen und kritisch hinterfragen: Die aktuellen Bauprojekte wie das Fachzentrum für Energie- und Landtechnik in Triesdorf sind noch lange nicht fertig und haben permanente Kostenüberschreitungen. Dennoch will man in Triesdorf eben mal die bebaute Fläche mit vielen Neuansiedlungen von weiteren Einrichtungen und einer Ausweitung der schon heute exorbitanten Parkplatzwüste auf Kosten von Grünland in einem denkmalgeschützten Ensemble verdoppeln. Eine echte Zukunftsstrategie ist nicht erkennbar. Vielmehr drängt sich der Eindruck auf, dass die LLA im Hauruckverfahren einfach nur möglichst schnell ganz groß werden wollen. Eine Strategie für eine ökologische, regionale, faire und auch kostensparende Landwirtschaft mit einer offenen Bürgerbeteiligung zur Weiterentwicklung Triesdorfs sieht anders aus.
Meine Damen und Herren: Die Grüne Transparenzoffensive wird weitergehen! Kürzlich fiel meinem Kollegen Fraktionsvorsitzenden von der CSU auf, dass es ziemlich unpraktisch ist, wenn man nichtöffentliche Protokolle nur in Papierform in der Sitzung erhält und diese auch nach der Sitzung wieder abgeben muss und nicht mit nach Hause nehmen darf. Wir Grünen freuen uns über diese Erkenntnis. Besser spät als nie, auch wenn es sehr schade ist, dass der entsprechende Grüne Antrag vor nicht allzu langer Zeit erst mehrheitlich auch mit den Stimmen der CSU abgelehnt wurde. Auch sonst dürfen wir konstatieren, dass die Grüne Transparenzoffensive von 2017 offensichtlich richtig war, trotz dass sie damals mehrheitlich abgelehnt wurde:
• Die Kliniken wollen nun ein anonymes Fehlermeldesystem – neudeutsch CIRS genannt – einführen wie es Standard in vielen modernen Krankenhäusern ist.
• Die wenige Tage nach der Ablehnung der Transparenzoffensive 2017 alibimäßig eingeführte, vom Klinikvorstand abhängige Ombudsstelle soll nun in eine unabhängige Ombudsstelle der Bezirkskliniken umgewandelt werden. Sie wird somit künftig den Namen Ombudsstelle auch wirklich verdienen.
Wir werden in den nächsten Monaten einige unserer alten, aber nach wie vor aktuellen Grünen Anträge erneut in diesen Bezirkstag einbringen und danken ihnen schon heute für ihre Zustimmung. Wir bauen darauf, dass sich künftig das bessere Argument durchsetzt und hoffen auf eine neue Kultur des Zuhörens, der Wertschätzung und der sachlichen Argumentation im Bezirkstag und in der Zusammenarbeit mit der Bezirksverwaltung.
Lassen sie uns auch beim Personal neue Wege gehen. Wir alle wissen um die Stellenbesetzungsproblematik und Personalfluktuation beim Bezirk. Ein Personal- und Organisationsausschuss wäre hier sicher eine sinnvolle Einrichtung, damit insbesondere Empfehlungen wie das Organisationsgutachten des Sozialreferats Punkt für Punkt auch im Interesse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter endlich zeitnah umgesetzt werden und eng politisch begleitet und wo nötig nachjustiert werden können. Die aktuellen Stellenbesetzungsschwierigkeiten werden wie in den Vorjahren auch 2019 dafür sorgen, dass rund 4% des für Personal veranschlagten Geldes also ca. 3 Millionen Euro nicht ausgegeben werden wird. Stattdessen hat man über diese versteckte Rücklage in den vergangenen Jahren in Summe andere Haushaltsposten querfinanziert. Das widerspricht dem Haushaltsgrundsatz der Klarheit und Wahrheit. Wir möchten auch hier mehr Transparenz schaffen: Dazu beantragen wir hiermit im Haushalt 2019 in der Haushaltsstelle 9141.4700 – mit dem treffenden Namen „Deckungsreserve für Personalausgaben gemäß §11 KommHV“, die zu erwartenden 3 Millionen Euro Minderausgaben für Personal als Reserven zu verbuchen. Ebenso beantragen wir, dass 2019 von diesen 3 Millionen Euro 250’000 Euro zusätzlich für gezielte Personalmaßnahmen, wie überlappende Stellenbesetzungen bei Nachbesetzungen, Personalreserven für Vertretungen, betriebliches Gesundheitsmanagement und rasche Umsetzung von noch abzuarbeitenden Empfehlungen aus dem Gleichstellungsbericht der Bezirksverwaltung bereitgestellt werden. Ein Beispiel: Betriebliche Fortbildungsmaßnahmen werden leider in der Bezirksverwaltung von Männern weniger angenommen als von Frauen. Offensichtlich braucht es hier eine kluge Maßnahme, so wie die neue Elternzeit für beide Eltern vielerorts auch das Betriebsklima positiv beeinflusste.
Zum Thema Bezirksumlage sagte ich letztes Jahr an dieser Stelle: „Wir Grüne halten in Summe eine Hebesatzerhöhung nicht für erforderlich.“ Und die Hebesatzerhöhung 2018 war nicht erforderlich. Unter den oben genannten Voraussetzungen können wir Grünen uns vorstellen, die Bezirksumlage um 0,2 Hebesatzpunkte moderat abzusenken. Weitergehende Sprünge halten wir aktuell für nicht sinnvoll. Zunächst sollten wir von eventuell noch freien Geldern Schulden abbauen. In der jüngsten Vergangenheit hatten wir sogar die kuriose Situation, fest geplante lukrative Bauprojektdarlehen nicht aufnehmen zu können. Grund war die hohe Liquidität im Bautopf und Sorge vor Strafzinsen auf dieses Geld, weil man beim Bauen dem Plan deutlich hinterher hinkte, aber die Gelder über die Umlage schon eingenommen hatte.
Meine Damen und Herren ich danke ihnen für ihre Aufmerksamkeit und der Verwaltung für ihre Arbeit im abgelaufenen Jahr 2018. Wir Grünen wünschen Ihnen allen frohe Festtage und ein gutes neues Jahr 2019.
Daniel Arnold,
Fraktionsvorsitzender GRÜNE im Bezirkstag Mittelfranken