Haushaltsrede 2014 (Klaus Hiemeyer)

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

wenn wir einen Haushalt beschließen, entscheiden wir, wohin das Geld fließt und wie die Weichen gestellt werden. Ich habe das jetzt fünf Jahre lang erlebt, wie wir darum ringen, jährlich mehr als eine halbe Milliarde Euro im Sozialetat sinnvoll zu lenken. Der Sozialetat reagiert jedoch wie ein großer Tanker: der lässt sich nicht so leicht beeinflussen. Bis er die Richtung nur ein bisschen ändert, braucht es große oder lang wirkende oder sehr geschickt eingesetzte Kräfte. Welche Maßnahmen beeinflussen den Sozialetat?

  • jede Rahmenvereinbarung, welche die Sozialverwaltung mit den Wohlfahrtsträgern abschließt und die wir genehmigen, hat einen Einfluss
  • politische gewollte Richtungsveränderungen, die wir hier im Sozialausschuss und Bezirkstag beschließen, haben einen Einfluss
  • und natürlich großpolitische Entscheidungen

Aber ab wann merkt man diese Einflüsse? Ab wann bewegt sich der Tanker? Das geht sehr langsam und man muss viel Geduld aufbringen und langfristig beobachten – aber auch negative Entwicklungen merkt man erst spät.

Größte politische Richtungsänderung in den vergangenen Jahren war die Ratifizierung der Behindertenrechts-Konvention 2009. Wir Grüne haben gleich drauf im Sozialausschuss und Bildungsausschuss entsprechende Anträge gestellt – Antwort der Verwaltung: da brauchen wir jetzt erst mal nichts machen. Sehr schnell haben sie dann gemerkt: hoppla, da sind wir jetzt doch ganz massiv gefragt.

Bis sich aber der Tanker bewegt, das dauert lange – und der noch größere und noch trägere Tanker ist dann unsere Gesellschaft. Es wird noch mindestens eine Generation dauern, bis wir die inklusive Gesellschaft haben – aber nur, wenn wir uns auch anstrengen. So eine kleine Anstrengung ist zum Beispiel auch der Antrag der SPD, eine Stabstelle Inklusion einzurichten.

Wenn ich an unsere grünen Anträge denke, die in den letzten fünf Jahren den Tanker Sozialausgaben sinnvoll lenken sollten, dann waren es die Anträge, die mit der Ambulantisierung zusammenhingen:

  • Heimbaumoratorium
  • Betreutes Wohnen in Gastfamilien
  • Sozialraumorientierung

Alle drei Anträge wurden erst einmal im Sozialausschuss von den anderen Fraktionen abgelehnt, aber ein Jahr später jeweils von der Sozialverwaltung aufgegriffen und dann einstimmig angenommen. Aber haben sie schon etwas Messbares bewirkt an unserem Tanker? Doch eher wenig, aber es waren richtige Entscheidungen – im Hinblick auf die betroffenen Mitmenschen und im Hinblick auf die Kosten, die sich in Jahren dann auswirken werden. Als ich 2010 meine erste Haushaltsrede hier gehalten habe, war grade unser entsprechender grüner Antrag zur Sozialraumplanung abgelehnt worden. Wir Grüne sind richtig froh, dass wir alle dann doch letztes Jahr im Bezirkstag beschlossen haben, Ambulantisierung im Sozialraum in 3 Regionen modellhaft zu installieren. Und eigentlich hatten wir Grüne vor, für diese Haushaltssitzung den schüchternen Antrag zu stellen, für jede Region 30.000 € einzustellen. Wir haben uns sehr gefreut, dass die Sozialverwaltung von sich aus schon 300.000 Euro dafür in den Haushalt eingestellt hat, soviel hätten wir uns gar nicht zu fordern getraut und – seien wir ehrlich – wären auch dafür eher belächelt worden.

Eine wichtige Kurskorrektur wäre noch eine Lenkung durch die Beschränkung im Neubau von Werkstattplätzen. Hier sollten wir flexibler sein, hier müssen wir viel mehr Außenarbeitsplätze anregen und einfordern. Wir brauchen ein Moratorium für neue Werkstattplätze. Dieser grüne Antrag wurde auch wieder erst einmal abgelehnt – Ich denke aber, wir werden nicht allzu lange warten müssen, bis der Vorschlag von der Sozialverwaltung aufgegriffen und dann hoffentlich von uns allen beschlossen wird.

Problem: Firmen zu finden, die Außenarbeitsplätze für Behinderte bereitstellen und genauso Familien, die sich bereit erklären einen Gast aufzunehmen – aber da muss man sich auch erst einmal anstrengen: hier ist es vor allem die Information, das Vorbild, hier kann auch die Presse helfen. Tolles Beispiele für Betreutes Wohnen in Gastfamilien ist der Landkreis Ravensburg und Vorbild für außen Arbeitsplätze ist Bamberg mit seinem Projekt integra – da steht aber auch der Erzbischof dahinter.

Zu diesem Thema gehören auch die Zuverdienstarbeitsplätze. Deren Förderung wurde im letzten Sozialausschuss ausgeklammert, hier sollten unbedingt Mittel bereitgestellt werden. Wir sehen aber diese Mittel in dem großen Topf Ambulante Hilfen. Dieser Posten mit all den wichtigen Hilfen für benachteiligte Menschen scheint zwar mit seinen 16 Millionen gut ausgestattet, ist aber chronisch unterfinanziert. Hier plädieren wir für eine Aufstockung und fordern, wie auch die SPD, 500.000 Euro mehr. Die oft kleinen Beträge hier wirken in der Breite Wunder und unterstützen auch ganz massiv ehrenamtliche Arbeit.

Der Antrag der CSU-Fraktion, die Sozialstandards auf Niveau Metropolregionen Schwaben, Oberbayern und Mittelfranken anzugleichen hört sich harmlos an und war ja auch der Kompromissvorschlag, der zum Haushaltskonsolidierung Programm geführt hat. In vielen Diskussionen im Sozialausschuss konnte aber bestätigt werden, dass das Benchmarking Eingliederungshilfe noch nicht funktioniert und jeweils Äpfel mit Birnen verglichen werden. Wenn aber kein belastbares Benchmarking möglich ist, dann ist auch so ein Antrag nicht zielführend. Wir bitten deswegen die CSU, den Antrag zurückzuziehen und erst einmal breit mit den Sachverständigen im Sozialausschuss zu diskutieren.

Es wäre fatal, wenn auf Grund von nichtbelastbaren Benchmarkergebnissen die Sozialverwaltung zu restriktiv genehmigt – das wäre ein eindeutiger Fehlkurs.

Wichtige Kurskorrekturen sind im Kommunalunternehmen geplant. Heute geht es auch darum, ob eine Service GmbH mit eigener Tarifstruktur wirklich die beste und wirtschaftlichste Lösung ist. Klar ist für uns Grüne, dass effektive Management Strukturen notwendig sind, dass auch gegenseitige Kostenrechnungen auf allen Ebenen notwendig sind und dass Dienstleistungen als Service angeboten werden.

Da ist in einer Ressortorganisation aber genauso gut möglich und unsere MitarbeiterInnen wissen worum es geht und sind motiviert. Und eine Service GmbH ist auch kein Selbstläufer, im Gegenteil, dafür gibt es viele Beispiele.

Ich appellierte an Sie: lassen Sie uns doch eine vernünftige Lösung finden, welche die Service GmbH ausspart und keine neuen Tarifstrukturen schafft – entscheidend ist die effektive Organisationsstruktur, aus der dann Einsparungen erzielt werden können. Nennen wir das Ganze Ressort Service und machen gescheite Arbeit.

Dazu sind die MitarbeiterInnen bereit, dazu brauchen wir kein neues Gutachten, keine neuen Tarifstrukturen, da fangen wir einfach an – so wie das Herr Dettmann von der Firma eptima auch sehr gut entwickelt hat. Das wäre die richtige Kurskorrektur im Kommunalunternehmen.

Mir fallen auch ganz kleine Kurskorrekturen ein:

Gärtnerei eigentlich ein kleines Problem. Wir haben eine tolle Gärtnerei im Gelände des Bezirkskrankenhauses hier in Ansbach. Wir Grüne haben dafür gekämpft, dass die tollen Produkte auch auf die Teller der Patienten kommen – keine Chance, sie erinnern sich. Und die Beschäftigten in der Bezirksregierung können die leckeren frischen und regionalen Erzeugnisse genießen, an die Küche unten im Schloss werden nämlich Produkte aus unserer Gärtnerei verkauft, und zwar nicht wenig.

Das wäre die Kurskorrektur regional, die auch unser Präsident immer stolz betont. Bitte lassen Sie die Gärtnerei nicht ohne Diskussion einfach über die Klinge springen – so wie das im jetzigen Konzept der Service GmbH vorgesehen ist. Und wir Grünen werden dafür kämpfen.

Und Sie Herr Bauer werden auch eine andere Quelle finden, wenn all die leckeren Produkte aus unserer Gärtnerei unsere Patienten und Mitarbeiter bekommen.

Ein Problem möchte ich noch ansprechen: die zurückgehende Finanzierung im Stiftungshaushalt. Es wäre eine große Hilfe, wenn der Denkmalschutz endlich wieder aus der Stiftung in den normalen Haushalt zurückgeführt würde. Dann haben wir viel mehr Möglichkeiten für kleine Kultur Projekte, insgesamt fast 400.000 €. Lassen Sie uns doch diese Chance nutzen.

Eine Anregung noch zum Schluss:  lasse Sie uns doch früher im Jahr mit den Kämmerern der Umlagezahler zusammensetzen und die voraussichtlichen Ergebnisse diskutieren. Ich war heuer das erste Mal dabei bei der Kämmererrunde mit den Fraktionsvorsitzenden – da wurde der späte Zeitpunkt beklagt. Das können wir doch ganz einfach besser machen.

Uns wünsche ich noch fruchtbare und erfolgreiche Haushalts Verhandlungen und dann eine nicht zu stressige restliche Adventszeit, ein frohes Fest und alles Gute im neuen Jahr – und uns weiterhin eine gute Zusammenarbeit!

Dr. Klaus Hiemeyer