Haushaltsrede 2006

Anrede,

am 25. März 2004 saßen wir schon einmal zu fortgeschrittener Jahreszeit hier im Bezirksrathaus zur Verabschiedung des HH 2004 zusammen. Wer hätte gedacht, dass nur zwei Jahre später wieder ein Haushalt für das laufende Jahr so spät beraten und beschlossen wird? Damals war es die Verhandlung im Vermittlungsausschuss zwischen Bundestag und Bundesrat zur geplanten Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe, die eine verzögerte Haushaltsberatung verursachte.

Im Winter 2005 / 2006 musste der Politikbetrieb in Bayern aufgrund von Karriereplanungen einiger weniger Regierungsmitglieder für mehrere Monate verlangsamt werden. Unzählige Reformbaustellen wurden aufgerissen und dann gleich wieder notdürftig zugeschüttet. Ob es um die Verlagerung der Zuständigkeit der Gewässer 2. Ordnung, um die Zukunft der Forensik oder um die Zusammenführung von ambulanten und stationären Behindertenhilfen. Damit ergab sich letztendlich wieder die leidliche Diskussion: Sind Bezirke notwendig oder nicht? Am Ende wurde nur in einem Feld eine abschließende Entscheidung getroffen: Die Verlagerung der Zuständigkeit für ausländische Sozialhilfeempfänger/innen auf die Städte und Landkreise. Was sich im Vergleich zu 2004 nicht geändert hat, ist die weiterhin angespannte Finanzsituation der kommunalen Ebenen. Eines müssen wir allerdings einräumen: Seit Bildung der großen Koalition hat sich die Stimmung aufgehellt. Es wird nicht mehr so laut geschimpft und die Androhung von Blockademaßnahmen gegen bestimmte politische Vorschläge ist plötzlich verschwunden. Es bedarf wichtiger politischer Weichenstellungen, die nun viel leichter möglich sind, um nach der Stimmungsaufhellung eine tatsächliche Verbesserung der Lage zu erreichen. Das bedeutet: Durch eine Finanz- und Föderalismusreform soll und kann die Lage der Kommunen in Deutschland wieder besser werden. Was bleibt, ist aktueller denn je: Die Forderung nach einem Bundesleistungsgesetz für die Eingliederungshilfe. Wenn dieses Bundesleistungsgesetz unter einer großen Koalition nicht eingeführt wird, dann wird es unserer Meinung nach nie mehr eingeführt werden. Wir sind gespannt, wann dieses Gesetz im Bundestag beraten wird.

Aus ein paar dürren Zeilen in einer Pressemitteilung des Bezirkstagspräsidenten haben wir mit großem Interesse erfahren, dass die Verwaltung die Mittel der Eingliederungshilfe um 3 Millionen € erhöht. Dieser Schritt stellt gegenüber den Vorjahren eine Verbesserung dar, die auch wir begrüßen. Bedauerlich ist nur: Es hat dazu keine vorherige zeitnahe Aussprache im zuständigen Fachausschuss stattgefunden. Schlimmer noch: Selbst die betroffenen Einrichtungen wurden über die Voraussetzungen für die geplante Erhöhung nur unzureichend informiert. Es handelt sich dabei nämlich um keine lineare Steigerung der Eingliederungshilfe für alle Einrichtungen gleichermaßen, sondern um ein „Zuckerl“. In diesen Genuss kommen nur Träger, die in neue Pflegesatzverhandlungen einwilligen. Man kann den Eindruck gewinnen, dass unter der Zielvorgabe gleicher Kostensätze in ganz Bayern die Absenkung von Betreuungsstandards durchgesetzt werden soll. Hier wären Transparenz und eine offensive Kommunikation sicher geeignet, Misstrauen und Befürchtungen abzubauen. Wir Grüne sind der Meinung, dass die Deckelungen von Kostensätzen sowie die Nullrunden der zurückliegenden Jahre auch eine lineare Steigerung notwendig machen und fordern daher weitere drei Millionen € für die Eingliederungshilfe. Dafür nehmen wir in Kauf, dass die Bezirksumlage nicht in der Höhe gesenkt werden kann, wie es wünschenswert wäre. An dieser Stelle danken wir den hartnäckigen Demonstranten und Demonstrantinnen, die vor dem Bezirksrathaus auf die Probleme in den Einrichtungen der Eingliederungshilfe aufmerksam gemacht haben.

Der Sozialausschuss des Bayerischen Landtags hat Grüne Politik bestätigt: Er fordert die  Bezirke auf, einvernehmliche Regelungen zu finden, um die Leistungen für das Mittagessen von behinderten Menschen in Werkstätten wieder zu übernehmen. Ich darf noch mal daran erinnern: Unser Antrag vom April 2005 forderte sinngemäß genau das, eine unbürokratische Lösung. Die damalige einstimmige Aufforderung des Bezirkstages an die Staatsregierung, die Rechtslage im SGB XII in diese Richtung unmissverständlich zu regeln, wird vom Landtagsausschuss erneut untermauert. Der Bezirk wird auf dem Gebiet der Schul- und Bildungspolitik weiterhin wichtige Akzente setzen müssen. Die Maschinenbauschule Ansbach oder das Berufsausbildungswerk Mittelfranken leisten einen wichtigen Beitrag zur qualitativ hochwertigen Ausbildung für Jugendliche. Im Schulbereich sind in den nächsten Monaten und Jahren Investitionen in 5- bis 6-stelliger Höhe geplant. Die beengte Raumsituation auf dem Gelände der Bertha-von-Suttner-Strasse bedarf einer gut durchdachten Lösung, die den Bedürfnissen sowohl der Schule für Körperbehinderte als auch der Schule zur Sprachförderung entspricht.

Mit Sorge betrachten wir die Entwicklung in Triesdorf. Mit einem Handstreich wurde die Technikerausbildung für Hauswirtschaftlerinnen gestrichen, die Tierhaltungsschule ist akut bedroht, und es droht die Streichung weiterer Lehrangebote. Zumindest ist nun endlich mit den Vorarbeiten zum Bau des neuen FH-Gebäudes begonnen worden. Dieses wird dringend benötigt und der Freistaat Bayern hat das Projekt mehrere Jahre verzögert. Ich kann mich noch gut erinnern: 2001 meinte der damalige Kurator Alexander Küsswetter, wenn der Bezirk das Grundstück an den Freistaat verkaufe, dann ginge es mit dem Bau viel schneller. Das Gegenteil war der Fall. Ich behaupte, hätte es der Bezirk gemacht, dann stände das Gebäude schon längst.

Ein Evaluierungsteam hat im Auftrag des Bezirks Mittelfranken die Zukunft der Landwirtschaftlichen Lehranstalten (LLA) Triesdorf untersucht. Doch nach unserer Meinung hat das Ergebnis wenig mit Zukunft zu tun. Eine glatte Fehlentscheidung ist es, die Saatzucht langfristig auslaufen zu lassen. Die Lupinenzucht in Triesdorf ist die einzige in Bayern. Eine solche Zucht ist für rivatunternehmen unrentabel, sonst hätte der letzte private Züchter nicht vor kurzem damit aufgehört. Hier gibt es auch eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung, extensive und gefährdete Sorten zu erhalten. Die Flächen bei der Saatzucht sind auf ökologischen Landbau umgestellt – bisher die einzigen Flächen. Fällt die Zucht weg, wird die zarte Pflanze „ökologischer Landbau in Triesdorf“ wieder verkümmern. Wenn es die Saatzucht Triesdorf nicht mehr geben sollte, dann steht eine gute und enge Zusammenarbeit mit ökologischen Anbauverbänden auf dem Spiel. Die Entwicklung geeigneter Sorten für viele Bauern wäre gefährdet. Wir Grüne werden alles tun, um den Bezirkstag vor dieser Fehlentscheidung zu bewahren. Wir waren es, die einen entsprechenden Vertreter für den ökologischen Anbau in das Evaluierungsteam berufen wollten. Das ist mit den Stimmen der CSU verhindert worden.

Vor wenigen Jahren ist viel Geld ausgegeben worden, um ein Hygienekonzept im Schweinestall umzusetzen. Jetzt scheint der Schweinestall bald überflüssig zu sein. Dieses Geld hätte man besser anlegen können, zum Beispiel in artgerechte Tierhaltungssysteme. Jetzt rächen sich die damals falschen Entscheidungen.

Sehr bedauerlich ist für uns im Bezirk, dass die bayerische Staatsregierung aus dem  August-Hochwasser im südbayerischen Raum nichts gelernt hat. So ist deren Schwerpunkt im Hochwasserschutz eine Förderung von baulichen Maßnahmen. Das heißt: Viel Beton für viel Geld! Der Bezirk Mittelfranken ist Leidtragender dieser einseitigen Förderung, weil Investitionszuschüsse für ökologische Gewässerbaumaßnahmen gestrichen sind. Für uns bedeutet das konkret: Der ökologische Ausbau der Schwarzach bei Rasch (Stadt Altdorf) und der Ausbau der Schwarzach bei Hausen (Stadt Greding) droht, auf Eis gelegt zu werden. 

Zum Stiftungshaushalt: Im Stiftungshaushalt der Stiftung Natur, Kultur und Struktur greifen wir die eingereichten Anträge des Bund Naturschutzes und des Landesbund für Vogelschutzes auf. In den Jubiläumsreden von Minister Schnappauf und Bezirkstagspräsident Bartsch werden die Leistungen des LBV in den höchsten Tönen gelobt und betont, wie wichtig das Umweltzentrum und seine Leistungen für die Region sind. Lassen Sie Ihren Worten Taten folgen!  Das Gleiche gilt für die eingereichten Natur- und Umweltbildungsmaßnahmen des BN. Hier wird die Kahlschlagpolitik vom vergangenen Jahr fortgesetzt. Springen Sie über ihren Schatten und fördern Sie Projekte, die zum Beispiel behinderten Kindern Naturerfahrung ermöglichen. Wir Grüne haben in einem Gutachten prüfen lassen, ob Ihre Vorgehensweise vom letzten Jahr rechtmäßig war. Wie so oft in Bayern kommt der Gutachter zu einem anderen Ergebnis als die Stiftungsaufsicht, das bayerische Innenministerium.

Der Tatsache folgend, dass der Anteil für den Naturschutz im Verwaltungshaushalt der Stiftung nur noch bei ca. 12 % liegt, müsste der Name der Stiftung in Kultur, Struktur und Natur umbenannt werden. An dieser Stelle bedauern wir es aufrichtig, dass Josef Göppel nicht mehr im Bezirkstag ist.

Zur Haushaltssituation: Die erdrückenden Mehrheitsverhältnisse im Bezirkstag schaffen schon im Vorfeld von Haushaltsberatungen Fakten, die ihre zwingende Kraft entfalten. Die CSU-Fraktion hat der mittelfränkischen Öffentlichkeit bereits eine Senkung der Umlage um 4,25 Prozentpunkte versprochen und setzte damit gegenüber der Verwaltung noch eins drauf. Diese hatte mit dem Plazet des Herrn Bezirkstagspräsidenten, die Senkung um 3,9 Punkte vorgeschlagen.

Es werden damit rund 4,3 Millionen Defizit aus 2005 ins kommende Haushaltsjahr weitergeschoben. Diese Verschiebebahnhofpolitik hat nichts mit nachhaltiger Haushaltspolitik zu tun.

Die unbefriedigende Umlagekraft in Mittelfranken und die damit weiterhin sehr angespannte Haushaltslage der Kreise, Städte und Gemeinden sind nicht von der Hand zu weisen. Für die CSU scheint es wichtiger zu sein, auf Landesebene eine schwarze Null zu erreichen, als in der kommunalen Familie die Basis für solide Finanzen zu schaffen. Diese Parteiraison ist denkbar ungeeignet für kommunalpolitischen Gestaltungsspielraum.

Wir stimmen dem Stiftungshaushalt nicht zu, weil er die Gelder für den Bund Naturschutz und die zusätzlichen Mittel für den LBV nicht enthält.

Den kameralen Haushalt werden wir ebenso ablehnen, weil die Fixierung auf die Höhe der Bezirksumlage nicht zum alleinigen Maßstab werden darf. Die CSU-Fraktion, der ein Landrat, ein Bürgermeister und weitere Kommunalpolitiker angehören, will vor allem dem Erwartungsdruck der Städte, Kreise und Gemeinden gerecht werden. Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der CSU, haben Ihre Motive dafür. Wir von Bündnis 90/Die Grünen setzen dagegen unsere Priorität auf bestimmte Maßnahmen im Einzelplan 4, die der sozialen Sicherung dienen. Dabei bleiben immer noch Aufgaben unerledigt, wie zum Beispiel die Schaffung von Stellen für regionale Psychiatrie-Koordinatoren. Wir wollen für die Zukunft starke Bezirke, die ihrer ökologischen, sozialen und kulturellen Verantwortung gerecht werden.

Zum Schluss bedanken wir uns bei den Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Verwaltung und der Bezirkseinrichtungen. Geduldig haben sie unsere Fragen beantwortet und uns mit den notwendigen Informationen versorgt. Vielen Dank für die gute Zusammenarbeit!

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

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